SDG #15 - Leben am Land
Etwa 31 Prozent der Landoberfläche auf der Welt ist mit Wald bedeckt. Genauso wie Moore, Wiesen und andere Ökosysteme an Land dient der Wald der Artenvielfalt, dem Klimaschutz und auch uns Menschen als Lebensgrundlage. Doch diese Grundlage ist akut bedroht. Seit seiner Jugend kämpft Benki Piyãko gegen die Ausbeutung der Waldflächen, hauptsächlich in den Regenwäldern von Brasilien und Peru. In unserer Kampagne „Bildung für nachhaltige Entwicklung in Sachsen“ ist er daher der Sinnfluencer für das Sustainable Development Goal (SDG) Nr. 15: Leben an Land.
Warum der Wald so wichtig ist
Rund 80 Prozent der an Land lebenden Lebewesen sind im Wald zu Hause. Der Wald bietet ihnen Nahrung und Lebensraum. Weiterhin speichern und reinigen Wälder versickerndes Regenwasser, aus dem wir unser Trinkwasser gewinnen. Außerdem beugen Wälder durch ihre Wurzeln vor, dass der Boden von Wind und Wasser abgetragen wird. Ein weiterer wichtiger Punkt: Wälder sind gigantische Kohlenstoffspeicher und verhindern, dass CO2 in die Atmosphäre gelangt. Etwa 50 Prozent des im Boden gebundenen Kohlenstoffs wird von Wäldern gespeichert. Jeder Hektar Wald bindet jährlich rund zehn Tonnen CO2. Wenn Wälder jedoch gerodet werden, etwa um Holz gewinnbringend zu verkaufen oder landwirtschaftliche Nutzflächen zu erschließen, kann dieses CO2 nicht gebunden werden. Durch Entwaldung gelangen jedes Jahr etwa 5 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre. Dies entspricht in etwa den gesamten Kohlenstoffemissionen der Europäischen Union (EU). Im Kampf gegen den Klimawandel sind Wälder daher unverzichtbar.
Seit Sie angefangen haben, diesen Text zu lesen, ist eine Fläche Wald, die in etwa so groß ist, wie zwölf Fußballfelder von der Erde verschwunden. Dieser Entwicklung gilt es entgegenzuwirken, um Artenvielfalt zu gewährleisten und nachfolgende Generationen nicht unwiderruflich zu schädigen.
Verbreitung von indigenem Wissen bis nach Europa
Besonders der tropische Regenwald ist von der Abholzung betroffen. 2018 wurden davon rund 12 Millionen Hektar abgeholzt – eine Fläche, so groß wie England. Für viele Ureinwohner Südamerikas ist dieser Zustand nicht hinnehmbar. Einer von ihnen ist Benki Piyãko von den Asháninka. Die Asháninka sind ein Volk im östlichen Peru und westlichen Brasilien. Ihnen gehören zwischen 25.000 und 65.000 Menschen an.
Benki Piyãko wurde 1974 am Amônia-Fluss in der Nähe der brasilianischen und peruanischen Grenze geboren und setzt sich bereits seit seiner Jugend für die Rechte seiner Gemeinschaft und der indigenen Bevölkerung ein. Er ist politischer Vertreter und Vizepräsident der Asháninka im brasilianischen Bundesstaat Acre. Piyãko ist gelernter Wald-Techniker, Agroforstwirt und außerdem Leiter der indigenen Gemeinde von Acre, wo er für die Verwaltung natürlicher Ressourcen verantwortlich ist. Er setzt sich für die Erhaltung der örtlichen Dörfer ein und kämpft außerdem gegen die kriminelle Abholzung und Ausbeutung der Waldflächen.
Seit Jahrzehnten arbeitet Benki Piyãko bereits mit Jugendlichen zusammen, um ihnen den Stellenwert der Erhaltung natürlicher Ressourcen zu vermitteln. Sein Wissen trägt er dabei über die Grenzen Brasiliens hinaus bis nach Europa. Dafür hat er das Yorenka Tasorentsi Institute gegründet. Ziel seiner Arbeit ist es, das indigene Wissen zu nutzen, um Artenvielfalt zu erhalten, Lebensräume zu schützen und nachhaltige Landwirtschaft und Energiegewinnung voranzubringen. Das Institut schafft beispielsweise Schutzgebiete für bedrohte Tierarten wie Affen, Papageien oder Schildkröten. Außerdem arbeitet das Team an nachhaltigen Kreislaufsystemen in der Landwirtschaft, bei dem etwa Hühner dafür eingesetzt werden, Böden fruchtbarer zu machen. Erst 2022 reiste Piyãkos Sohn im Auftrag des Instituts nach Frankreich, um mit lokalen Organisationen Aufforstungsprojekte vor Ort voranzutreiben.
Durch die Verbreitung von fachlichem Wissen sowie Aufforstungsprojekte in aller Welt trägt er maßgeblich zum Umweltschutzgedanken und zur Erfüllung von SDG Nr. 15 – Leben an Land – bei.
Ein Ziel, das allen nutzt
SDG Nr. 15 sieht vor, „Landökosysteme zu schützen, wiederherzustellen und ihre nachhaltige Nutzung zu fördern, Wälder nachhaltig zu bewirtschaften, Wüstenbildung zu bekämpfen, Bodendegradation zu beenden und umzukehren sowie dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende zu setzen“. Dafür ist es wichtig, Ökosysteme zu schützen, denn aktuell schreiten Entwaldung und Artensterben voran: Jeden Tag verschwinden bis zu 150 Pflanzen- und Tierarten von der Erde. SDG Nr. 15 liegt dabei kein Selbstzweck zugrunde. Wird es nicht erreicht, gefährdet dies auch die Erreichung von etwa 80 Prozent aller anderen SDGs, zum Beispiel Ernährungssicherheit, sauberes Wasser oder die Bekämpfung des Klimawandels.
Doch es gibt Hoffnung. Die Waldflächen in Asien, Europa und Nordamerika wachsen beispielsweise wieder und bereits 16 Prozent der weltweiten Landflächen stehen unter Schutz. Es sollen jedoch noch weitere 14 Prozent unter Schutz gestellt werden. Weiterhin sind international erklärte Ziele, die Umweltverschmutzung zu reduzieren, klimaschädliche Subventionen abzuschaffen und den Erhalt der Biodiversität zu fördern.
Was wir tun können
Für die Erreichung von SDG Nr. 15 können alle etwas beitragen, angefangen im eigenen Garten oder auf dem Balkon. Hier kann man beispielsweise Blumen pflanzen, die der Artenvielfalt von Insekten zugutekommen oder Grasflächen nicht täglich mit wertvollem Grundwasser wässern. Die Kindergärten, Schulhöfe und Schulgärten können lebendige Vorbilder werden. Der Sächsische Kindergarten-Wettbewerb und der Schulhofwettbewerb „Aus Grau macht Grün!“ bieten vielleicht den richtigen Antrieb, sich gemeinsam einer Umgestaltung der Außenflächen zu widmen. Auf diese Weise können wir gemeinsam der Versiegelung von Flächen entgegenwirken. Auch sollten Grünflächen besonders in Innenstädten erhalten bleiben. Das hat auch praktische Vorteile, denn Grünflächen kühlen Städte an heißen Tagen nachweislich herunter. Spätestens die Hitzesommer der letzten Jahre sind uns hierfür ein mahnendes Beispiel. Außerdem kann jede Person Aufforstungsprojekte hiesiger Wälder unterstützen. Der Staatsbetrieb Sachsenforst gibt jedes Jahr im Frühjahr und Herbst Termine und Orte zur Unterstützung bei der Wiederaufforstung bekannt. Denn auch hierzulande leiden die Wälder unter Waldbränden und Dürreperioden. Um Gebiete im Regenwald zu kaufen und unter Schutz zu stellen, organisiert „Wilderness International“ aus Dresden jedes Jahr sogenannte Wildnisläufe, an der sich Schulen beteiligen können.
Zu guter Letzt sollten wir alle unser Konsumverhalten hinterfragen und verstehen, welche Auswirkungen das auf die Lebensräume von Menschen und Tieren weltweit hat. Bildungsangebote und Materialien zum Thema Leben an Land (SDG15) stehen am Ende dieses Artikels. Bei der One World Tour des aha e.V. erfahren Schülerinnen und Schüler bei einem Stadtrundgang durch Dresden mehr über die Hintergründe unserer alltäglichen Konsumgüter. Produktsiegel können uns bei einem verantwortungsvollen Konsum helfen, indem sie anzeigen, ob etwas nachhaltig und fair produziert wurde und nicht zur Entwaldung beiträgt. Der Verein Orang-Utans in Not e.V. stellt hierfür Materialien zur Verfügung, die Schülerinnen und Schülern den richtigen Umgang mit Siegeln zum Thema Palmöl näherbringen. Jede und jeder kann sich selbst in der Politik oder als Auszubildender und Mitarbeitende in Unternahmen engagieren, um auf ehrgeizige, soziale und wirksame Gesetzgebung zu fairen Lieferketten sowie Klima- und Umweltschutz hinzuwirken.
Benki Piyãko kann uns hierfür ein gutes Beispiel sein, denn er zeigt uns, dass sich das Engagement für das Leben des Menschen in Einklang mit den natürlichen Ressourcen lohnt. Ein Schlüssel hierfür ist ein umfassendes Verständnis für die Natur und hochwertige Bildung. Benki Piyãko wurde hierfür nicht nur mit dem Menschenrechtspreis der Stadt Weimar, sondern auch durch die UNESCO ausgezeichnet. Mit seinen Bildungsangeboten animiert er zudem jedes Jahr viele junge Menschen, für eine bessere Zukunft zu kämpfen.
Quellen:
https://www.bmz.de/de/agenda-2030/sdg-15
https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/regenwaldzerstoerung-setzt-unmengen-co2-frei/
https://www.weltagrarbericht.de/aktuelles/nachrichten/en/33679.html