Rosa Parks, US-amerikanische Bürgerrechtlerin, 1913 – 2005

SDG #16 - Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Wer regelmäßig mit Bus oder Bahn unterwegs ist, weiß: Mit einem Kreuz gekennzeichnete Sitzplätze sind für Fahrgäste mit Beeinträchtigungen reserviert. Zwar darf man da auch als gesunder Mensch sitzen, aber sobald jemand einsteigt, für den dieser Platz gedacht ist, muss man aufstehen und sich umsetzen – oder notfalls stehen. In den meisten Fällen halten sich Fahrgäste an diese Regelung und fast jeder bringt Verständnis dafür auf. Schließlich dient sie nicht nur der Sicherheit während der Fahrt, sondern ist auch ein Zeichen von Respekt, vor allem aber gelebter Inklusion, denn die Idee – in der Fachsprache Konzept genannt – der Inklusion ist eine Gesellschaft, in der jeder Mensch so akzeptiert wird, wie er ist. Niemand soll danach streben müssen, möglichst normal zu sein, denn ein festgelegtes Normal gibt es nicht. Normal ist nur, dass es Unterschiede gibt. So solle Jede und Jeder gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dabei ist es vollkommen egal, ob man eine Behinderung – und wenn, welche – hat, welches Geschlecht, welches Alter, welchen Glauben, welches Bildungsniveau oder welche Herkunft man hat.

Vorn gähnend leer, hinten dicht gedrängt

Was für uns heute selbstverständlich klingt, war jedoch nicht immer so – weder bei uns in Deutschland noch anderswo auf der Welt. Und das Verständnis dafür, dass jeder Mensch gleich wertvoll ist, ist leider noch immer nicht bei allen vorhanden. Auch wenn in den letzten Jahren Schritte in die richtige Richtung gemacht wurden, bleibt noch viel zu tun. Dabei zeigt ein Blick in die Geschichte, wie wichtig die Unterscheidung zwischen Recht und Gerechtigkeit ist, denn nicht alles, was Recht – einfach gesagt also Verhaltensregeln, die von allen eingehalten werden – ist, ist auch gerecht. Dies zeigt sich zum Beispiel beim Blick in die jüngere Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika: Noch in den 1950er und 60er Jahren waren in den USA die Sitzplätze in Bussen klar aufgeteilt. Die vorderen Reihen waren für weiße Fahrgäste reserviert, die hinteren für Menschen anderer Hautfarben. Dazwischen gab es einige Reihen, die von beiden genutzt werden durften, allerdings nicht gemeinsam. Wenn zum Beispiel ein Schwarzer Mensch auf einem Platz in einer der mittleren Reihen saß, ein weißer Fahrgast einstieg und sich in der Mitte setzen wollte, musste die ganze Reihe für ihn freigemacht werden. Das führte oft dazu, dass Busse vorn gähnend leer waren, die Menschen hinten aber dicht gedrängt saßen oder stehen mussten.

Stiller Protest im Bus

Am 1. Dezember 1955 war auch Rosa Parks mit einem Bus in der amerikanischen Stadt Mont-gomery (Alabama) unterwegs. Auf ihrem Heimweg von der Arbeit hatte sie einen Sitzplatz in einer der mittleren Reihen, den sie für einen weißen Fahrgast räumen sollte. Doch sie weigerte sich und blieb einfach sitzen. Daraufhin rief der Busfahrer die Polizei, die Rosa Parks wegen „Störung der öffentlichen Ruhe“ festnahm. Doch damit nicht genug: Sie wurde deswegen angeklagt und vom Gericht zur Zahlung einer Strafe in Höhe von 10 Dollar (damals war das viel Geld!) plus vier Dollar Gerichtskosten verurteilt. Und all das nur, weil sie in einem Bus gegen ein Gesetz verstieß, das Menschen in Rassen unterteilte und so Ungerechtigkeit schuf.

Gemeinsamer Protest gegen Rassentrennung

Von diesem Vorfall hörte auch ein Baptistenprediger: Martin Luther King Jr. Damals war er noch recht unbekannt, rief aber als Antwort auf Rosa Parks Verhaftung zum Protest gegen die Rassentrennung in Bussen und in Zügen auf. Der Montgomery Bus Boycott dauerte rund ein Jahr und gilt heute als Meilenstein im Kampf gegen Rassismus und rassistische Diskriminierung. Der Boykott begann am 5. Dezember 1955, dem Tag der Gerichtsverhandlung von Rosa Parks. Martin Luther King rief die Schwarze Bevölkerung Montgomerys dazu auf, an diesem Tag die öffentlichen Busse der Stadt nicht zu nutzen, was auch fast alle taten. Nach der Verurteilung von Rosa Parks wurde die Fortsetzung des Boykotts beschlossen. Die neu gegründete Montgomery Improvement Association forderte die respektvolle Behandlung, gleiche Rechte für alle Fahrgäste und die Einstellung von schwarzen Busfahrern. Damit die Protestierenden trotz des Boykotts von A nach B kamen, fuhren sie mit dem Taxi, zudem wurden Fahrgemeinschaften gebildet und eigene „Haltestellen“ eingerichtet. Der Stadt Montgomery fehlten durch diese Kreativität die Einnahmen aus den Bustickets, weswegen die Fahrpreise erhöht wurden. Nachgeben wollten die Verantwortlichen trotzdem nicht.

Still, friedlich, erfolgreich

Das rief fünf Frauen auf den Plan, die zuvor – wie Rosa Parks – wegen Verstößen gegen die sogenannte Segregation in Bussen festgenommen wurden. Aurelia Browder, Claudette Colvin, Mary Louise Smith, Susie McDonald und Jeanette Reese klagten gegen die Stadt Montgomery mit der Begründung, die Rassentrennung verstieße gegen den 14. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten. Nach einem Gerichtsverfahren wurde entschieden, dass die Rassentrennung in Bussen verfassungswidrig ist und umgehend eingestellt werden muss. Der Boykott endete am Morgen des 21. Dezembers 1956, als Martin Luther King gemeinsam mit weiteren Bürgerrechtlern in einen Bus einstieg, in dem zum ersten Mal Jede und Jeder sitzen konnte, wo Platz war. Dieser Erfolg machte Rosa Parks zur Ikone einer landesweiten Bewegung, brachte ihr jedoch auch eine Menge Ärger ein. Immer wieder wurden sie und ihr Mann Opfer von Drohungen und Stalking, weswegen sie 1957 nach Detroit umzogen. Ihr Kampf gegen die Rassentrennung und Ungerechtigkeit ging jedoch weiter.

Rassismus ist ein weltweit verbreitetes Problem

Die Wissenschaft ist sich mittlerweile einig darüber, dass die Vorstellung von unterschiedlichen Rassen bei Menschen falsch ist. Wir mögen unterschiedliche Hautfarben haben, an Unterschiedliches glauben und ganz individuelle Ziele verfolgen – doch letztlich sind wir alle Menschen. Mit der 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedeten allgemeinen Erklärung der Menschenrechte erklärten sich die unterzeichnenden Staaten dazu bereit, diese Rechte auch zu wahren. Doch nicht überall auf der Welt wird diese Vereinbarung auch so umgesetzt, wie versprochen. Ungerechtigkeiten gibt es nach wie vor überall auf unserem Planeten, vielerorts werden Menschen noch immer wegen ihrer Herkunft, ihres Glaubens oder ihrer Hautfarbe diskriminiert, verfolgt oder gar ermordet. Rosa Parks setzte sich Zeit ihres Lebens dafür ein, dagegen vorzugehen. So unterstützte sie unter anderem in den 1980er Jahren den Kampf gegen das Apartheitsregime in Südafrika, setzte sich für die Aufklärung von Polizeimorden sowie die Befreiung politischer Gefangener ein und demonstrierte kurz nach den Terroranschlägen am 11. September 2001, mit fast 90 Jahren, für Frieden und Toleranz. Rosa Parks starb am 24. Oktober 2005 in Detroit. Zu ihrer Trauerfeier in der Hauptstadt Washington, D.C. wurde sie im Capitol aufgebahrt und als erste Schwarze Amerikanerin posthum auf diese Weise geehrt.

Gerechtigkeit ist nicht nur eine Frage des Rechts

Die Diskussion darüber, wie Recht für Gerechtigkeit sorgen kann, dauert bis heute an. Doch es wird nicht nur eifrig diskutiert, sondern auch beschlossen, vereinbart und gehandelt. So soll im Berliner Stadtteil Mitte die M*****straße – und auch die entsprechende U-Bahn-Haltestelle – schnellstmöglich umbenannt werden. Zahlreiche Wissenschaftler und Aktivisten fordern dies schon seit Jahrzehnten, da die Bezeichnung Schwarze Menschen herabwürdigt. In einem offenen Brief argumentieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Europäische Ethnologie, der Straßenname „zeuge von einer in unserer Gegenwart weiterwirkenden gewaltvollen deutschen und europäischen Kolonialgeschichte“. Benannt werden soll die Straße nun nach Anton Wilhelm Amo – dem ersten Rechtsgelehrten und Philosophen afrikanischer Herkunft in Deutschland. Er wurde bereits um 1700 geboren und 1707 nach Deutschland verschleppt. Als ob das nicht schon menschenverachtend genug wäre, galt er als Geschenk an einen deutschen Adelshof, wo er als so genannter „Kammerm***“ dienen musste. Doch er hatte Glück im Unglück: Er erhielt Privatunterricht und studierte später an der Universität Halle. In seiner Disputation – einem wissenschaftlichen Streitgespräch, das eine Form von Prüfungen ist – ging es um die Rechtsstellung von Schwarzen Menschen in Europa und er argumentierte für die Abschaffung des Sklavenstatus. Später lehrte Amo als Privatdozent an den Universitäten in Halle, Wittenberg und Jena und genoss wissenschaftliches Ansehen. Doch auch er hat rassistische Anfeindungen erlebt und ging 1747 nach Ghana, wo sich seine Spur verliert.

Dass wir heute einen ganz anderen Blick auf Ungerechtigkeiten haben, zeigt sich nicht nur an der Be- und Umbenennung von Straßen, Plätzen oder Haltestellen. Auch unsere Sprache ändert sich, was man auch beim Blick in den Duden erkennen kann. Begriffe wie Hatespeech, queer oder transgender finden sich ebenso darin, wie Fridays for Future, Alltagsrassismus und das Gendersternchen. Abkürzungen wie BIPoC (Black, Indigen und People of Color) oder LGBTIQ (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intersexual and Queer) oder Bezeichnungen wie Racial Profiling (ethnisches Profiling) fehlen hingegen – noch. Ein sensibler Umgang mit Begriffen, die andere Menschen beleidigen oder diskriminieren, ist ein wichtiges und gleichzeitig einfaches Mittel, um Ungerechtigkeiten abzubauen. Dass das allein jedoch nicht reicht und noch viel zu tun ist, zeigt ein Blick in die Nachrichten. Immer wieder machen Protestbewegungen auf Missstände aufmerksam. Ob Black lives matter, Kein Mensch ist illegal oder das Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage: Sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und einen, wenn auch nur kleinen, aber notwendigen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit auf der Welt zu leisten, ist wichtig. Und jeder kann das.

Für Frieden, Recht und starke Institutionen setzen sich auch zahlreiche ehrenamtliche Initiativen ein. In Sachsen sind das unter anderem das Netzwerk Demokratie und Courage, der Landessportbund Sachsen und der arche noVa e.V. – um nur drei von über 100 zu nennen. Sie alle engagieren sich, damit die Welt friedlicher, gerechter und auch sicherer wird.
Wie ihr und eure Lehrerinnen und Lehrer anhand von Materialien, Workshops und Exkursionen das Thema „Frieden, Recht und starke Institutionen“ in euren Unterricht einfließen lassen könnt, erfahrt ihr hier.

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