BNE in Bibliotheken: Chancen und Herausforderungen non-formaler und kommunal verwalteter Bildungseinrichtungen

Wir alle kennen sie: die Bibliotheken. Ob als ruhigen Platz, an dem wir uns konzentrieren und arbeiten können, ob als Ausgangspunkt für Reisen in ferne Fantasiewelten oder als Ort der Begegnung mit anderen Menschen – seien sie nun aus Fleisch und Blut oder aus Tinte und Papier.

Für die Realisierung einer BNE sind Bibliotheken in doppelter Hinsicht ein wichtiger Akteur:
Als öffentliche Einrichtungen schaffen sie niedrigschwellig Zugang zu Büchern und anderen Medien und leisten damit einen Beitrag für Chancengleichheit und lebenslanges Lernen. Es sind Orte, die Begegnungen ermöglichen und ungezwungene Lernräume erschaffen können. Als Einrichtung können sie eine Vorbildrolle übernehmen und nachhaltige Entwicklung vor Ort voranbringen.

Dabei sind sie in vielen Bereichen aber auch auf Entscheidungen ihrer Träger – der Kommunen – angewiesen. Sie sind also sowohl informelle als auch kommunale Lernräume.

Diese facettenreiche Natur der Bibliotheken als öffentliche Einrichtungen bedeutet, dass die ganzheitliche Umsetzung von BNE vielschichtig ist. Deshalb braucht es Beratungsangebote, durch die sie Unterstützung beim Transformationsprozess hin zu einem nachhaltigen Lernraum erhalten.
Im Rahmen der Umsetzung der Sächsischen Landesstrategie BNE wurde 2020/2021 von der Sächsischen Landesfachstelle für Bibliotheken in Zusammenarbeit mit arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V. Projekte zur Einführung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im öffentlichen Bibliothekswesen in Sachsen umgesetzt, welche die Erarbeitung einer Handreichung und die individuelle Schulung und Beratung von einzelnen Bibliotheken im ländlichen Raum sowie regionale BNE-Workshops umfassten.

Um die Handlungsräume, die Bibliotheken haben, sicht- und fassbar zu machen, liegt es nahe, die zwei Bildungsbereiche „informelles Lernen“ und „Kommunen“ getrennt voneinander zu betrachten.

Für Bibliotheken als informelle Lernräume ist es beispielsweise sinnvoll, sich damit auseinanderzusetzen, welche Medien beschafft, wie sie präpariert, präsentiert und letztendlich entsorgt werden. Dabei können Fragen gestellt werden wie:

  • Haben wir Medien, die zu Themen der BNE informieren, Handlungsoptionen aufzeigen oder uns inspirieren, über den Tellerrand hinauszublicken?
  • Können wir diese Medien kennzeichnen und sie eventuell separat präsentieren?
  • Welche Medienformate sind besonders langlebig? (Hardcover-Bücher sind bspw. meist langlebiger als Taschenbücher)
  • Gibt es Medien, bei denen auf die Foliierung verzichtet werden kann oder gibt es Folie aus nachwachsenden Rohstoffen?
  • Können wir aussortierte Medien verschenken oder gegen einen symbolischen Preis verkaufen?

Als ein Beispiel guter Praxis sei hier die Christian – Weise – Bibliothek in Zittau genannt, die während des Corona-Lockdowns begonnen hat, aussortierte Bücher zur kostenlosen Mitnahme bereitzustellen. Dies hat sich mit der Zeit zu einer Tauschkiste entwickelt, in der nun auch Bibliotheksbesucher*innen Bücher für andere zur Verfügung stellen. Auch die Stadtbibliothek Weisswasser hat sich in Sachen BNE auf den Weg gemacht und eine Medienbox zu Nachhaltigkeitsthemen für den Unterricht zusammengestellt. Eine sogenannte „Bibliothek der Dinge“ ist dort ebenfalls in Planung. In der Zentralbibliothek gibt es sogar schon die Möglichkeit auch Dinge auszuleihen, die man sich für die einmalige oder seltene Nutzung nicht direkt selber kaufen muss. Zum Beispiel Equipment für professionelle Musikaufnahmen.

Auch der Transport bestellter Medien – besonders bei Fernleihen – ist eine Stellschraube, an der BNE berücksichtigt werden kann:

  • Womit transportieren wir Medien?
  • Wie verpacken wir Medien für den Transport?
  • Können wir Medienverpackungen wiederverwenden?

Aber der Transport der Medien durch die Ausleihenden ist ebenso relevant. Ist es eventuell möglich…

  • Wiederverwendbare Tragetaschen bei Bedarf zu verleihen?
  • Ausreichend Fahrradständer bereitzustellen, um den Besuch in der Bibliothek mit dem Fahrrad zu erleichtern?
  • Die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel auszuhängen?

Und bei der Planung und Umsetzung von Veranstaltungen lässt sich BNE ebenfalls gut integrieren:

  • Was ist Inhalt der Veranstaltungen und wen lade ich als Referent:in ein?
  • Ist der Veranstaltungsort gut mit dem ÖPNV, Rad oder zu Fuß zu erreichen?
  • Ist der Veranstaltungsraum barrierefrei?
  • Ist die Verpflegung nachhaltig/regional/saisonal?

So gibt es bereits viele Anknüpfpunkte um BNE in das Bibliotheksprofil einzubinden.

Gleichzeitig sind Bibliotheken als kommunale Einrichtungen aber auch an die Entscheidungen der Gemeindeverwaltung gebunden, was beispielsweise in Fragen der Beschaffung und der Räumlichkeiten eine eingeschränkte Entscheidungsfreiheit bedeutet. Um diese Aspekte nach Nachhaltigkeitsprinzipien zu gestalten bedarf es der Auseinandersetzung und mutiger Entscheidungen innerhalb der Kommune.

Im Sinne der BNE zu gestaltende Bereiche sind beispielsweise:

  • Zentral gelegenen Räumlichkeiten, die gut mit Bus, Bahn, Rad und zu Fuß zu erreichen sind,
  • Energieeffiziente Räumlichkeitsgestaltung,
  • Bezug von Ökostrom und
  • Nachhaltige Beschaffung

Andersherum betrachtet können Bibliotheken aber auch durch ihr Engagement in der Kommune eine solche Schwerpunktsetzung bewerben und sich öffentlichkeitswirksam dafür einsetzen, das Thema Nachhaltigkeit in das Bewusstsein der Gemeinschaft zu rücken. Dies geschieht beispielsweise durch:

  • Verwendung von nachhaltigen Büromaterialien (recycling-Papier, wiederauffüllbare Stifte etc.)
  • Mülltrennung, vor allem in den der Öffentlichkeit zugänglichen Räumlichkeiten
  • Kennzeichnen, dass Menschen ihre Trinkflaschen am Wasserhahn auffüllen dürfen (→ Refill Station)
  • Anreize für Mitarbeitende schaffen, nachhaltige Mobilitätsformen zu nutzen.
  • Sichtbarmachung dessen, was schon umgesetzt wird (durch Plakate, auf der Website, im Gemeindeblatt)

Um Kommunen für Ihre Verantwortung zu sensibilisieren und sie zu ermutigen, im Rahmen ihrer allgemeinem Aufgabenwahrnehmung ihr praktisches Handeln im Sinne einer BNE zu gestalten, stellen wir in den nächsten Wochen Beispiele guter Praxis und Ansatzpunkte für Kommunen vor.

Aber auch hier wird Wandel etwas Zeit brauchen. Deshalb: selbst wenn nicht alle Bereiche einer öffentlichen Einrichtung sofort nachhaltig ausgestaltet werden (können), so hat doch die Bemühung um Nachhaltigkeit eine Außen- und Vorbildwirkung, die nicht zu unterschätzen ist. Schlussendlich ist jede Transformation, die sich an einem Nachhaltigkeitskonzept orientiert, ein Prozess, der Schritt für Schritt umgesetzt wird – und auch immer weiter fortgesetzt werden kann.

Alle die, die Handlungsmotivation verspüren und genau jetzt die ersten Schritte auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit machen wollen, können sich in der Broschüre „Einführung von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) im öffentlichen Bibliothekswesen in Sachsen“ weiter belesen.
Wer gleich in die konkrete Umsetzung der ersten Schritte übergehen will, findet hier eine Übersicht zu ausleihbaren Ausstellungen für Bibliotheken zum Thema BNE. Bei Interesse an Kooperationen für Fachvorträge empfehlen wir die Sächsischen Entwicklungspolitischen Bildungstage (SEBIT) zu kontaktieren.

Und welche konkreten Schritte sächsische Kommunen noch gehen können und wer sie dabei wie unterstützt, stellen wir in den nächsten Beiträgen in dieser Rubrik vor.

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