Energieverbrauch der Digitalisierung: Wie viel Strom braucht eigentlich Streaming?

Beinahe jeder nutzt sein Smartphone jeden Tag mehrere Stunden, es ist unser neuer stetiger Begleiter. 2016 lag die Anzahl der Smartphones, die weltweit im Umlauf waren, bei über 7,1 Milliarden[1]. Durchschnittlich müsste beinahe jeder Mensch auf der Erde mindestens ein Smartphone besitzen. Weltweit sind riesige Datenmengen im Umlauf, alleine auf Youtube werden pro Sekunde 400 Stunden Videomaterial veröffentlicht[2]. Man redet vom sogenannten Big Data, exponentiell wachsende Mengen an Daten, welche alle online abrufbar sind und in Serverzentren gespeichert sind.

Voraussetzung dafür ist eine Menge Infrastruktur, die für viele Menschen nicht greifbar ist, da sie im Alltag nicht sichtbar ist. Die meisten Dinge des Internets kommen aus großen sogenannten Clouds. Hinter einer Cloud steckt nun natürlich keine große Daten-Wolke, sondern riesige Serverzentren, die eine Unmenge an Energie verbrauchen und auf denen eine riesige Menge an Daten gespeichert ist.

Das verbraucht eine Menge Energie: Ein Großteil der Energie wird dabei genutzt, um die riesigen Hallen dauerhaft zu temperieren, damit die hochempfindlichen Serverbauteile nicht zu Schaden kommen und die Dateien nicht beschädigt werden. 2020 beträgt der Energieverbrauch aller Server- und Rechenzentren allein in Deutschland über 10 Milliarden kWh im Jahr. Das ergibt einen Stromverbrauch, der so hoch ist, dass über 2.800.000 Wohngemeinschaften mit jeweils 5 Personen abgedeckt werden könnten[3].

Woher kommt der Strom? Der Großteil der Energie kommt nicht von sogenannter grünen Energieträgern, sondern aus Kohlekraftwerken und ähnlichem. Mittlerweile gibt es zwar Onlinefirmen, welche ihre Serverzentren zu 100% mit grüner Energie, also durch Solarstrom, Wind- und Wasserkraft betreiben wollen, dieser Vorgang setzt sich aber gerade erst in Bewegung. Als Vorreiter gelten die beiden IT-Riesen Apple und Google, welche schon jetzt annähernd 90% ihrer Energie aus erneuerbaren Energieträgern beziehen[4]. Der Konzernriese Amazon jedoch, über dessen Serveranlagen große Streamingdienste wie Amazon Prime und Netflix laufen, hängt zum Beispiel noch sehr hinterher was den Ausbau an regenerativen Energien sowie die Transparenz des Energiehaushaltes angeht[5].    
   
Wofür wird der Strom verwendet? Gerade Onlinevideos haben dabei mit 60% den größten Anteil an den Datenströmen (siehe Graphiken im Anhang)[6]. Wenn man zum Beispiel jedes Jahr eine oder zwei Stunden täglich einen Streamingdienst auf seinem Fernseher nutzt, kommt es zu einem Stromverbrauch, mit dem man ein halbes Jahr lang seinen Kühlschrank laufen lassen kann (ca. 55kWh) [7].  

Das heißt im Vergleich: Das französische Forschungsprojekt „The Shift-Project“ fand heraus, dass allein die Nutzung von Onlinevideos einen CO2 Ausstoß äquivalent zum Energieausstoß Spaniens 2018 hat[8]. Der Physiker Alex Wissner-Gross rechnete aus, dass eine Google-Suchanfrage 7g CO2 emittiert[9]. Anstelle zweier Google Suchanfragen kann man sich rein theoretisch also auch eine Tasse Tee kochen. Google bekommt am Tag etwa 3,45 Milliarden[10] Suchanfragen, es kommt also eine beträchtliche Menge an schädlichen Treibhausgasen zusammen. Wichtig dabei zu bedenken ist auch, dass die Smartphonenutzung je nach Land stark variiert[11]. Die meisten Serverzentren stehen dabei in Ländern des Globalen Nordens und in hoch technologisierten Ländern in Asien.

Was können wir tun? Wie kann man selbst dazu beitragen, den enormen Stromverbrauch und die damit einhergehenden CO2 Emissionen zu reduzieren? Zum Beispiel kann man überlegen, ob man jede neue Serie schauen muss, oder ob man genauer auswählt was man schaut und stattdessen manchmal ein schönes Buch liest. Auch von Seiten der Produzenten könnten Verbesserungen kommen, wie zum Beispiel ein Umstieg auf regenerative Energien, oder eine Nutzung der Abwärme der Serverzentren, oder aber auch relativ kleine Dinge wie das Abschaffen der Auto-Play Funktion, welche Videos immer weiter durchlaufen lässt.      

[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/2995/umfrage/entwicklung-der-weltweiten-mobilfunkteilnehmer-seit-1993/  (19.03.2020)

[2] https://www.brandwatch.com/de/blog/statistiken-youtube/

[3] https://www.jetzt.de/umwelt/nachhaltigkeit-welche-auswirkungen-unsere-internet-und-computernutzung-auf-die-umwelt-haben (18.03.2020)

[4]https://www.erneuerbareenergien.de/archiv/google-apple-co-die-neuen-oekostromgiganten-150-3882-109534.html

[5]https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/20170110_greenpeace_clicking_clean.pdf (13.12.2019)

[6] https://theshiftproject.org/en/article/unsustainable-use-online-video/ (18.03.2020)

[7] https://www.jetzt.de/umwelt/nachhaltigkeit-welche-auswirkungen-unsere-internet-und-computernutzung-auf-die-umwelt-haben (18.03.2020)

[8] https://theshiftproject.org/en/article/unsustainable-use-online-video/ (18.03.2020)

[9] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Fuer-wieviel-CO2-Ausstoss-sind-Internetsuchen-verantwortlich-Update-196697.html 19.05.2020

[10] https://www.seo-suedwest.de/5431-google-liefert-offizielle-zahlen-zum-taeglichen-suchevolumen.html

[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_L%C3%A4nder_nach_Anzahl_an_Mobiltelefonen

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