Nein, dieses Projekt hat nichts mit exzessivem Alkoholkonsum zu tun! Vielmehr geht es um das vielleicht beliebteste Heißgetränk – den Kaffee. Den kann man ja inzwischen nicht mehr nur in verschiedensten Varianten genießen, sondern auch an allen möglichen Orten – dem Coffee-to-go-Becher sei Dank. Uns machen diese kleinen Helferchen glücklich, wenn sie uns Schluck für Schluck etwas Gutes tun, während wir durch den Alltag hetzen. Doch sind sie ebenso gut für unser grünes Gewissen?
An dieser Stelle kommt wohl die große Ernüchterung: Coffee-to-go-Becher sind nicht nur Sinnbild unserer rastlosen gestressten Gesellschaft, sondern stellen tatsächlich ein großes Problem für unsere Umwelt dar. Ein*e durchschnittliche*r Berliner*in verbraucht im Jahr fast 50 Einwegbecher, damit ergibt sich für die Stadt pro Tag eine Menge von 460.00 Bechern – ein Turm von 50 Kilometern Höhe, 170 Millionen Einwegbecher sind es im Jahr. Dazu kommen eine Menge Tourist*innen, die tagtäglich zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule eine kleine Kaffeepause einlegen.
Die Problematik ist angesichts dieser Mengen ersichtlich: für jeden Becher mit der Lebensdauer von circa 15 Minuten müssen neue Rohstoffe gewonnen und verarbeitet werden. Es werden Erdöl, Holz und Wasser in großen Mengen benötigt und dementsprechend auch viel Energie. Für die Herstellung von Coffee-to-go-Bechern werden pro Jahr 43 Tausend Bäume gefällt, hinzu kommt ein Wasserverbrauch, der dem Jahresverbrauch von 32.000 Menschen entspricht. Außerdem werden 22.000 Tonnen Rohöl für die Kunststoffanteile benötigt. Damit liegt der Energiebedarf des deutschen Einwegbecherverbrauchs bei 320 Millionen kWh pro Jahr – das entspricht in etwa dem Stromverbrauch der Stadt Schwerin.
Mit nachhaltigem Ressourcenumgang kann das alles also nicht mehr zu tun haben. Doch nicht nur der Rohstoffverbrauch ist problematisch. 40.000 Tonnen Müll entstehen in Deutschland jährlich durch Coffee-to-go-Becher, der Großteil dieser wird in öffentliche Papierkörbe entsorgt und anschließend verbrannt. Recycling ist aufgrund der Kunststoffbeschichtung nicht vollständig möglich und auch als „kompostierbar“ vertriebene Becher sind keine tatsächliche Lösung. Zum einen muss für diese Mais in großen Mengen angebaut und verarbeitet werden, zum anderen werden sie – wurden sie denn dorthin richtig entsorgt – auch aus der Biotonne wieder aussortiert, da die Verrottungszeit viel zu lang ist.
Nicht zuletzt kommen zahlreiche Chemikalien zum Einsatz, deren Auswirkungen auf die Gesundheit noch nicht weiter untersucht wurden.
Doch was tun? Entschleunigung würde den meisten von uns heutzutage sicher nicht schaden. Warum muss es denn ein nach Pappe schmeckender Kaffee sein, den man eingeklemmt in der stickigen U-Bahn schnell in sich hineinkippt, wenn man es sich ebenso gut für eine halbe Stunde in einem Sessel bequem machen kann und kurz zur Ruhe kommt? Coffee-vor-Ort sollte normalerweise in Porzellantassen oder Gläsern serviert werden – ansprechender fürs Auge, ohne Pappgeschmack und vor allem: spülmaschinengeeignet und wiederverwendbar.
Sicher, manchmal muss es einfach schnell gehen. Doch auch dann sollte man der Umwelt einen Gedanken widmen, denn die Lösung ist so einfach: Mehrwegbecher gibt es inzwischen in allen Formen und Farben. Sie vermeiden Abfall, schützen durch ihre Langlebigkeit das Klima, schonen Ressourcen, sparen Energie und halten Ihr Getränk sogar warm!
Um Kaffeegenießer_innen über die Auswirkungen der Einwegbecher zu informieren und eine öffentliche Diskussion anzuregen, gründete die Deutsche Umwelthilfe das Projekt „Becherhelden – Mehrweg to go“, das von zahlreichen Prominenten unterstützt wird. Es werden aber auch Handlungsempfehlungen für Politik, Handel und Verbraucher erarbeitet. So wurde vor einiger Zeit eine Umfrage unter Hygieneämtern und Coffe-to-go-Anbietenden durchgeführt, die ergab, dass das Abfüllen von Kaffee in selbst mitgebrachte Becher gegen keinerlei Vorgaben verstößt. Damit konnte das bisher stärkste Argument der Kaffeehäuser entkräftet werden. Wer also nun das Kaffeehaus seines Vertrauens aufklären und überzeugen möchte, kann sich das FactSheet zur Umfrage auf der Website des Projekts downloaden.
Denn solange von den Gastronom*innen auf Coffee-to-go nur 7% Umsatzsteuer, auf Kaffee vor Ort jedoch 14% gezahlt werden müssen, wird die Initiative von deren Seite wohl eher noch ausbleiben. Umso wichtiger ist es daher, dass der Impuls von den Konsument*innen ausgeht – und diesen stehen die „Becherhelden“ mit Rat und Tat zur Seite.