Rechtsextreme Positionen lassen sich leicht ausgrenzen. Was aber können Lehrer*innen „alternativen Fakten“, Verschwörungstheorien und populistischen Thesen im Schulalltag entgegen setzen? Das Projekt „KAMEO – KommaAberMEthodenbOx“ hat sich zum Ziel gesetzt, genau hierfür Materialien und Methoden für den Unterricht zu entwickeln. Eine Onlinebefragung soll zunächst der aktuellen Lage in sächsischen Klassenzimmern auf den Grund gehen
Junge Menschen wachsen heute in einem politischen Spannungsfeld auf, in dem sie mit widersprechenden Haltungen konfrontiert werden und Stellung beziehen müssen, in Sachsen wahrscheinlich mehr und frühzeitiger als andernorts. Hier gilt es, die Jugendlichen frühzeitig zu sensibilisieren und gegen einfache Erklärungsmuster zu immunisieren.
Auch im Klassenzimmer treten gelegentlich rechtspopulistische, fremdenfeindliche oder rassistische Meinungen der Schüler*innen zutage. Lehrer*innen stehen dann oft vor der Herausforderung, spontan reagieren und kurzfristig intervenieren zu müssen.
Das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie Leben!“ geförderte Modellprojekt KAMEO hat sich die Entwicklung von Unterrichtsmaterialien und –methoden für die Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und antidemokratischen Überzeugungen im Schulalltag zum Ziel gesetzt. Entstehen sollen kurze, leicht handhabbare, jugendaffine und dadurch zielgruppengerechte Unterrichtseinheiten, die von Lehrer*innen mit wenig Vorbereitungsaufwand modular und fächerunabhängigen eingesetzt werden können.
Um auf die aktuelle Bedarfslage in sächsischen Schulen genau eingehen und verschiedene Themenschwerpunkte abgrenzen zu können, hat der Jugendverein Roter Baum e.V., der Träger des Projekts KAMEO, in Kooperation mit dem Institut für regionale Innovation und Sozialforschung (IRIS) e.V. eine Onlinebefragung entwickelt.
Welche Themen brennen den Schüler*innen unter den Nägeln? Wo besteht der meiste Diskussionsbedarf? Welchen Themenkomplexen fühlen Pädagog*innen sich gewachsen und wo herrschen Unsicherheiten?
„Wir wünschen uns eine rege Beteiligung an dieser Befragung und bitten alle sächsischen Lehrerinnen und Lehrer herzlich, sich diese 20 Minuten zeit zu nehmen“, sagt Projektleiterin Liese Braun. „Die Umfrage wird bis zum Ende der Sommerferien freigeschaltet sein und ist die Grundlage, auf der wir im Herbst mit den Schülerinnen und Schülern zu arbeiten beginnen werden.“
Denn der Jugendverein Roter Baum e.V., ein Jugendhilfeträger mit langjähriger Erfahrung in der politischen Bildung und Jugendbeteiligung, hat sich vorgenommen, die Schüler*innen selbst zu Wort (und Tat) kommen zu lassen. Ihre Vorstellungen und Wünsche vom Umgang mit aktuellen gesellschaftlichen Problemen im Unterricht sollen in die Entwicklung einfließen.
Gemäß dem Peer-to-Peer-Ansatz werden die einzelnen Module in den zwei kommenden Schuljahren von Schüler*innen für Schüler*innen in mehreren Workshops erarbeitet und anschließend in verschiedenen Schulen getestet, die das Projekt in einer längerfristigen Partnerschaft begleiten. Das Feedback der Schüler*innen und Lehrer*innen fließt in den Entwicklungsprozess zurück. Gegen Ende des Schuljahres 2018/2019 werden die erarbeiteten Materialen einem Fachpublikum vorgestellt und schließlich in überarbeiteter und ansprechend gestalteter Form für den Unterrichtsalltag in sächsischen Schulen bereit gestellt.
„Politische Bildung sollte nicht nur auf den Gemeinschaftskundeunterricht beschränkt sein“, ist Liese Braun überzeugt. „Was in der Politik kontrovers ist, darf auch im Unterricht kritisch behandelt werden. Dazu sollten Lehrkräfte Haltung zeigen und Diskussionen nicht einfach aus dem Weg gehen. Und genau dabei möchten wir sie mit unserem Projekt unterstützen.“