Kolumbus hat die Welt entdeckt… oder etwa nicht?

Um es vorweg zu nehmen: Als der Seefahrer Christoph Kolumbus im Jahr 1492 auf einer Insel der Bahamas landete, „entdeckte“ er mitnichten eine „neue Welt“. Dies hatten Menschen bereits 10.000 Jahre zuvor getan; der später mit Amerika benannte Kontinent war also bei Kolumbus‘ Eintreffen bereits seit langem besiedelt. Das, was aus eurozentrischer Sichtweise als die Entdeckung Amerikas beschrieben wird, stellt in Wirklichkeit den Beginn einer beispiellosen Ausbeutung zahlreicher Regionen der Welt durch europäische Mächte dar, deren Folgen und Kontinuitäten bis heute spürbar sind.

Die Kolonisierung eines Großteils der Länder der südlichen Hemisphäre durch europäische Mächte hat die Welt nachhaltig verändert. Auch wenn die ehemaligen Kolonien ihre formale Unabhängigkeit erlangten – die in der Kolonialzeit etablierten Machtverhältnisse blieben bis heute erhalten. Globale Ungerechtigkeit basiert auf Strukturen und Mechanismen, die im Zuge der europäischen Expansion entstanden, aber auch auf immer weiter vermittelten Legenden über die und Bildern von den „Anderen“, die heute die Vorherrschaft der Industriestaaten legitimieren sollen und (post)koloniale Verhältnisse restabilisieren.

Auch wenn Deutsche aktiv an der Ausplünderung der kolonisierten Gebiete in Übersee beteiligt waren und Deutschland in der verhältnismäßig kurzen Zeit, in der es selbst über Kolonien verfügte, eine rücksichtslose und blutige Kolonialpolitik verfolgte, ist dies ein weitgehend ausgeblendeter Teil deutscher Geschichte. Auch in aktuellen Geschichtslehrbüchern wird deutsche Kolonialgeschichte meist als unbedeutende Episode abgehandelt, in dem Gewalt und Unterdrückung nicht zur Sprache kommen.

Im Seminar sollen die blinden Flecken der Geschichtsschreibung beleuchtet werden. Es erfolgt ein Abriss über die Geschichte des europäischen Kolonialismus mit dem Fokus auf deutsche Kolonialgeschichte. Dabei geht es nicht nur um Daten und Fakten, sondern um ein Verständnis der Zusammenhänge zwischen der Kolonialzeit und der heutigen – wirtschaftlichen und politischen – Situation der ehemaligen Kolonien. Anhand von Beispielen soll herausgearbeitet werden, wo sich in aktuellen Diskursen koloniale Muster und Strategien finden, und welche Argumente zur Legitimation existierender globaler Ungerechtigkeit herangezogen werden. Gleichzeitig wollen wir uns der Frage stellen, inwieweit wir selbst Bilder und Gewissheiten in uns tragen, die an koloniale Sichtweisen anknüpfen. Nicht zuletzt soll eine kritische Auseinandersetzung darüber erfolgen, in welcher Weise wir persönlich von postkolonialer Ungleichheit profitieren und welche ethischen Fragen sich daraus ergeben.

Die Fortbildung wird als ein- oder mehrtägige Veranstaltung angeboten. Die Auseinandersetzung mit dem Themenfeld Kolonialismus ist für eine Vielzahl von Fächern, insbesondere für Geschichte, Geographie, Ethik und Gemeinschaftskunde hilfreich und notwendig.

Die Kolonialzeit hat eine wesentliche Bedeutung für die politische und wirtschaftliche Situation der ehemaligen Kolonien im globalisierten Wirtschaftsraum des 21. Jahrhunderts. Die Rolle der Kolonien als Quelle billiger Rohstoffe für die Industrien der Kolonialstaaten hat sich auch nach deren formaler Unabhängigkeit kaum geändert.

Die Kolonialstaaten betrieben eine massive Umstellung der Agrarproduktion in den Kolonien auf zur Ausfuhr bestimmte Produkte (Kaffee, Rohgummi etc.). In der Folge entstanden Plantagen und Monokulturen, die teilweise immense Folgen (Abholzung von Wäldern, Wasserverbrauch etc.) für das ökologische Gleichgewicht in diesen Ländern hatten. Innerhalb der heutigen globalisierten Wirtschaftsordnung wird den ehemaligen Kolonien nach wie vor die Rolle der billigen Rohstofflieferanten zugewiesen, was eine Ausrichtung der Landwirtschaft auf den großflächigen monokulturellen Anbau von für den Export in die Industriestaaten bestimmten Cash Crops zur Folge hat. Diese Form der Landwirtschaft hat enorme negative Auswirkungen auf die ökologische Vielfalt der betroffenen Regionen, die durch den bei dieser Form der Agrarproduktion unvermeidbaren Einsatz von Herbiziden und Pestiziden weiter verschärft werden. _x000D_

Die ökonomische und politische Positionierung der ehemaligen Kolonien in einer globalisierten Welt hat Auswirkungen auf die soziale Situation der Gesellschaften in diesen Ländern. Zusammenhänge zwischen der ökonomischen Situation und den Lebensbedingungen der Menschen sowie Ursachen des Nord-Süd-Wohlstandsgefälles werden verdeutlicht.

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Bildungsbereich informelles/non-formales Lernen
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Themen Weltpolitik, internationale Zusammenarbeit
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Peter Streubel (Trainer in der politischen Bildungsarbeit)

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